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Gewaltprävention für Mädchen mit Behinderungen

Vom 25. November bis zum 10. Dezember findet alljährliche die internationale Kampagne 16 Tage gegen Gewalt an Frauen und Mädchen statt.
Integration Tirol widmet daher diesen Newsletter der Frage: Wie sieht Gewaltprävention für Mädchen mit Behinderungen aus?

Es ist wichtig zu wissen, dass Mädchen mit Behinderungen im Vergleich zu Mädchen ohne Behinderungen ein bis zu dreimal höheres Risiko haben, alle Formen von Gewalt zu erleben. Das trifft besonders auf sexuelle Gewalt durch Erwachsene oder Gleichaltrige. Besonders problematisch erscheint in diesem Zusammenhang, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in Österreich nicht oder nur sehr unzureichend sexuelle Aufklärung erhalten, wie eine repräsentative Studie erst kürzlich ergab. (vgl. dazu Newsletter Gewaltprävention 1/2020 https://www.integration-tirol.at/erfahrungen-und-praevention-von-gewalt-an-menschen-mit-behinderungen.html ).

Alters- und kindgerechte sexuelle Aufklärung darf Mädchen mit Behinderungen nicht vorenthalten werden. Sie ist zentraler Bestandteil aller Bemühungen zur Gewaltprävention. Darüber hinaus sollten Eltern und Professionelle im Kontakt mit behinderten Mädchen folgende beiden Themen bewusst reflektieren:

• Nähe und Distanz
Die Auseinandersetzung mit und die Reflexion über Nähe und Distanz ist zentral für eine Grundhaltung, die persönliche Grenzen von anderen Menschen wahrnimmt und respektiert. Sie ist wichtig für die Prävention von sexueller Gewalt, in Institutionen ebenso wie in der Familie. Erwachsene müssen Nähe und Distanz reflektieren, um Grenzüberschreitungen wahrzunehmen und zu vermeiden.
Mädchen mit Behinderungen benötigen oft Unterstützung für Körperpflege und persönliche Hygiene. Es ist wichtig, dass sie selbst entscheiden bzw. mitbestimmen können, wer sie dabei unterstützt und wie diese Unterstützung erfolgen soll. So lernen sie auf ihre eigenen Wahrnehmungen zu achten und diese auszudrücken.

• Geschlechterrollen
Mädchen und Frauen mit Behinderungen wird Sexualität sehr oft abgesprochen. Damit zusammen hängt eine stark reduzierte Vorstellung von Geschlechterrollen, z.B., dass Frauen mit Behinderungen keine guten Mütter sein können und deshalb keine Kinder bekommen sollen. Das erhöht vor allem ihr Risiko, Opfer von sexueller Gewalt zu werden, und führt außerdem dazu, dass Mädchen und Frauen mit Behinderungen nicht geglaubt wird, wenn sie von sexuellen Gewalterfahrungen berichten. Daher ist es für Mädchen mit Behinderungen wichtig, sich mit zeitgemäßen und vielfältigen Geschlechtsrollen auseinandersetzen zu können, um eine eigene geschlechtliche Identität zu entwickeln.

Alle Vorschläge zur Prävention sollten ebenso für Buben mit Behinderungen Anwendung finden. Auch Buben mit Behinderungen sind deutlich häufiger von Gewalt betroffen sind als Buben ohne Behinderungen.

In diesem Newsletter können nur ein paar Anregungen gegeben werden. Zur vertieften Auseinandersetzung empfiehlt Integration Tirol folgendes Fachbuch:
Gottwald-Blaser, Simone; Unterstaller, Adelheid (2017):
Prävention all inclusive. Gedanken und Anregungen zur Gestaltung institutioneller Schutzkonzepte zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Mädchen* und Jungen* mit und ohne Behinderung.
Nähere Inforamtionen: https://amyna.de/wp/praevention-all-inclusive-2017/

Das Sozialreferat und das Stadtjugendamt der Landeshauptstadt München haben außerdem ein Positionspapier gegen Gewalt an Mädchen* und junge Frauen* mit Behinderung veröffentlicht, das wichtige weiterführende Impulse gibt: https://www.fachforum-maedchenarbeit.de/fileadmin/user_upload/Positionspapier_website.pdf

 

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