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Mehr selbstbestimmte Sexualität in Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderungen

Frauen* und Männer* mit Behinderungen sind in ihrem Recht auf selbstbestimmte Sexualität sehr stark eingeschränkt, das betrifft vor allem auch jene, die in Wohngemeinschaften oder anderen Einrichtungen nur für Menschen mit Behinderungen leben. Eine kleine qualitative Untersuchung zum selbstbestimmten Wohnen von Menschen mit Behinderungen in Tirol kommt zu diesem Ergebnis ebenso wie eine repräsentative Studie. In dieser österreichweit durchgeführten Untersuchung gaben 60% der befragten Personen mit Behinderungen an, „bislang in ihrem Leben noch keine sexuellen Erfahrungen gemacht zu haben" (Mayrhofer / Seidler 2020, 38). Fehlende sexuelle Aufklärung und die strukturelle Behinderung des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung führen zu einem sehr hohen Risiko, alle Formen von sexueller Gewalt zu erleben. Umso wichtiger sind nicht nur altersgerechte Sexualaufklärung bereits für Kinder mit Behinderungen, sondern auch entsprechende sexualfreundliche Rahmenbedingungen in Wohneinrichtungen für erwachsene Personen.

Doch kann das Recht auf Partnerschaft und Sexualität in Wohneinrichtungen überhaupt gut ermöglicht und unterstützt werden? Ein großangelegtes, durch die Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen und Mitarbeitenden aus Wohneinrichtungen stark partizipativ angelegtes Forschungsprojekt aus Deutschland hat diese Frage eindeutig mit „ja" beantwortet. Kurz gesagt sollten Maßnahmen sowohl auf Organisations- als auch auf Einrichtungsebene in drei Schritten erfolgen: Zu Beginn steht die Reflexion der eigenen Situation, um Entwicklungsbedarfe zu erkennen, dann muss Wissen zu sexueller Selbstbestimmung vermittelt werden. Im dritten Schritt geht es darum, die jeweils eigene Praxis zu verbessern.

Aus der engen Zusammenarbeit zwischen Praxis und Wissenschaft in diesem Projekt mit dem Namen „ReWiKs" ist ein umfangreiches Materialienpaket speziell für den Einsatz in Wohneinrichtungen entstanden, das sowohl in schwerer als auch in leichter Sprache verfügbar ist. Um darauf zugreifen zu können, muss allerdings vorab eine Registrierung erfolgen.
Hier finden Sie mehr Informationen zum ReWiKs-Medienpaket-Sexuelle Selbstbestimmung durch Reflexion – Wissen – Können. Menschen mit und ohne Behinderungen gestalten gemeinsam den Lebensbereich Wohnen.

Literatur:
Mayrhofer, Hemma; Seidler, Yvonne (2020). Recht auf selbstbestimmte Sexualität und Schutz vor sexueller Gewalt? Ernüchternde empirische Befunde. In: Zeitschrift Menschen 3/2020, 37 – 41.

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