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Schutz vor Gewalt in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen – Empfehlungen aus Deutschland

Seit Mitte 2021 sind Einrichtungen für behinderte Menschen in Deutschland gesetzlich dazu verpflichtet, ein Gewaltschutzkonzept zu erarbeiten und in der Praxis umzusetzen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIM) hat dafür umfassende Handlungsempfehlungen für Politik und Praxis erarbeitet und veröffentlicht. Betont wird, dass es oft strukturelle Rahmenbedingungen sind, die in Einrichtungen zum Auftreten von Gewalt führen. Dementsprechend richten sich die Empfehlungen an unterschiedliche Ebenen und deren jeweilige Akteur:innen:

  1. Gilt es, die verpflichtenden Gewaltschutzkonzepte in Wohn- und Beschäftigungseinrichtungen für behinderte Menschen nicht nur am Papier, sondern effektiv zu verankern.
  2. Sollten Partizipation und Empowerment, also die Selbst- und Mitbestimmung, von Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe systematisch verstärkt und unterstützt werden.
  3. Muss es mehr und vor allem effektivere Vernetzung und Zusammenarbeit mit Einrichtungen für Gewaltprävention und Opferschutz sowie einen verbesserten Zugang zum Recht für Menschen mit Behinderungen geben.
  4. Braucht es schließlich eine unabhängige Kontrolle, ob die Gewaltschutzkonzepte effektiv sind und sich in der Praxis bewähren.

Für alle vier Punkte schlägt das DIM jeweils konkrete Maßnahmen für die Trägerorganisationen von Einrichtungen sowie für die jeweiligen Kompetenzbereiche des Bundes und der Länder in Deutschland vor. So wird deutlich, dass eine ernsthafte Politik zu Reduzierung des hohen Risikos von Gewalterfahrungen in Behinderteneinrichtungen nicht auf punktuelle Aktionen reduziert sein darf, sondern umfassende und systematische Strategien erfordert.

Bemerkenswert ist der einleitende Hinweis, dass Deinstitutionalisierung dringend, also der konsequente Abbau von Sondereinrichtungen für Menschen mit Behinderungen, notwendig ist: „Die Zielrichtung liegt darin, stationäre Wohnformen zugunsten ambulanter Unterstützungsangebote abzubauen. Grundvoraussetzungen hierfür sind, dass bezahlbarer und barrierefreier Wohnraum auch in Ballungszentren bereitgestellt wird und ausreichend ambulante Unterstützungsangebote vorhanden sind. Des Weiteren ist ein inklusiver Arbeitsmarkt für alle Menschen zu schaffen." (DIM 2022, S. 5).

Die Handlungsempfehlungen für Deutschland gibt es in schwerer Sprache hier zum Download:

https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Weitere_Publikationen/Schutz_vor_Gewalt_in_Einrichtungen_fuer_Menschen_mit_Behinderungen._Handlungsempfehlungen_fuer_Politik_und_Praxis.pdf

Die Handlungsempfehlungen für Deutschland gibt es in Leichter Sprache hier zum Download:

https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Weitere_Publikationen/Mehr_Schutz_vor_Gewalt_fuer_Menschen_mit_Behinderungen._Forderungen_und_Verbesserungs-Vorschlaege_LS.pdf

Für Österreich liegen vergleichbare Empfehlungen nicht vor, notwendig wären sie auf jeden Fall.

2022-09

 

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