Zwei Newsletter in so kurzer Zeit? Ja, das ist ungewöhnlich – aber leider notwendig. Thema heute: ein altbekanntes. Die Schulassistenz.
In letzter Zeit erreichen uns vermehrt Anfragen zu Stundenreduktionen bei Schulassistent:innen.
Was wir sehen, ist vermutlich nur die Spitze des Eisbergs – denn auch das gehört zur traurigen Realität: Viele Eltern werden offenbar gar nicht mehr darüber informiert, in welchem Ausmaß die Assistenz für ihr Schulkind im nächsten Jahr bewilligt wurde.
Das extrem verschlungene und schwer durchschaubare Verfahren macht es zudem unmöglich festzustellen, wo genau die Kürzungen erfolgen:
– Sind es die Empfehlungen der BIDion?
– Die ausgestellten Bescheide der Abteilung Inklusion?
– Oder sind es einzelne Gemeinden, die eigenmächtig reduzieren?
Für die betroffenen Kinder macht das am Ende keinen Unterschied:
Sie erhalten weniger Assistenz, obwohl sie sie dringend benötigen.
Ob Schulassistent:innen unter den neuen Bedingungen kündigen – weil sich der Lebensunterhalt mit diesen Anstellungen schlicht nicht mehr bestreiten lässt – wird sich zeigen. Überbezahlt waren sie ja auch bisher nicht.
Was bleibt, ist ein bildungspolitisches Versagen – unabhängig davon, wer es verursacht hat.
Abfedern, was absehbar ist...
Wir haben den Kollektivvertrag für Schulassistent:innen durchforstet und wollen hier einige Stellen bringen, die wir auch als Ideengeber für engagierte Schulleiter:innen und Assistent:innen verstanden wissen wollen:
Ist eine Assistent:in über die Sommerferien angestellt (in vielen Gemeinden leider immer noch nicht üblich), ergibt sich – Ferienzeit minus gesetzlichen Urlaubsanspruch – eine Differenz von sieben Wochen.
Nun wird’s spannend. Der Kollektivvertrag sieht explizit vor:
„Schulferienzeiten bzw. schulfreie Zeiten sind einzuarbeiten.“ „Für Arbeitnehmer:innen, die ausschließlich im Bereich der Schulassistenz tätig sind, kann im Zeitraum außerhalb der Pflichtschulferien (maximal 13 Wochen) mit schriftlicher Einzelvereinbarung die Normalarbeitszeit auf bis zu 42 Wochenstunden bei einem Durchrechnungszeitraum von 52 Wochen ausgedehnt werden, wenn im Durchschnitt 37 Stunden nicht überschritten werden. Die tägliche Normalarbeitszeit kann auf 10 Stunden ausgedehnt werden.“
Übersetzt heißt das:
Die Stunden, die in den Sommerferien fehlen, dürfen im Schuljahr „voreingebracht“ werden.
Ein Rechenbeispiel:
Eine Assistent:in mit 21 Wochenstunden müsste im Schuljahr 147 Stunden zusätzlich leisten, um in den Ferien wirklich freigestellt zu sein. Bei 36 Schulwochen wären das rund 4 Zusatzstunden pro Woche.
Ist das neu? Nein. So alt wie der Kollektivvertrag ist, so traditionell wird dieser ignoriert...
Denn: Viele Gemeinden wollten Schulassistent:innen im Sommer gerne anderweitig einsetzen – von Hortarbeit bis hin zu „kreativen“ Aufgaben wie dem Aufräumen nach Stadtfesten, sind uns da schon allerlei Absurditäten untergekommen. Wer als Schulassistent:in angestellt ist, soll auch für Schulassistenz tätig sein. Für welche Aufgaben sie zuständig ist, regelt die Schulassistenzrichtlinie eindeutig. Es kann nicht sein, dass über Umwege die Sozialabteilung zur günstigen Personalquelle für alles Mögliche wird.
Noch ein Hinweis – zum Thema Klassenfahrten
Im obigen Rechenbeispiel nicht berücksichtigt sind Wochen mit mehrtägigen Schulveranstaltungen. Das schöne ist - diese müssen auch nicht direkt berücksichtigt werden. Auch hier ist der Kollektivvertrag eindeutig:
§ 22c Sonderbestimmungen für Arbeitnehmer:innen bei freizeit- oder erlebnispädagogischen Maßnahmen bzw. Urlaubsfahrten:
- Tägliche Normalarbeitszeit bis 10 Stunden, wöchentliche bis 60 Stunden
- Alle Kosten (Eintritte, Fahrt, Unterkunft, Verpflegung, Versicherung) trägt der Arbeitgeber
- Es wird immer von Vollzeitbeschäftigung ausgegangen – auch bei Teilzeitverträgen
- Zusätzlich zur Entlohnung: 84,91 € Pauschale pro Arbeitstag + Nachtdienstpauschale
Kurz gesagt:
Auch wenn alle regulären Stunden im Schulalltag bereits aufgebraucht sind, dürfen Schulassistent:innen selbstverständlich mit auf Klassenfahrten fahren und müssen dafür gesondert bezahlt werden!
Diese Aussendung kann durchaus für Assistent:innen und Schulleitungen hilfreich sein. Aber eigentlich ist das nicht unser Fokus: Wir sind ein Verein für die Rechte von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen und deren Familien. Diese Rechte sind durch reduzierte Anwesenheit von Assistent:innen im Schulalltag in Gefahr!
Was jetzt zu tun ist: Bitte weiterleiten!
Wir bitten Sie, diese Information jetzt an Schulleiter:innen und Verwaltungsverantwortliche an den Gemeinden weiterzuleiten. Je mehr Beteiligte Bescheid wissen, desto eher können rechtzeitig (Not-)Lösungen für das kommende Schuljahr gefunden werden. Frühzeitige Planung kann helfen, Chaos im Herbst zu vermeiden – und Assistenz zu sichern, bevor die Stunden still und heimlich verschwinden.
Was Sie außerdem tun können:
Fordern Sie die Landesregierung auf, den Bereich Inklusion vom Sparrasenmäher im Ausmaß von 15% auszunehmen. Mehr dazu – inklusive politischem Appell und konkretem Vorschlag zur Gegenwehr – finden Sie in unserem letzten Newsletter: „Wenn Klarheit fehlt, wachsen Ängste“