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Theoretisch wird morgen alles besser. Praktisch?

Als der erste Nationale Aktionsplan Behinderung ins Leben gerufen wurde, war mein Sohn im Kinderwagen. Inklusion und Barrierefreiheit waren keine Themen über die ich mir großartig Gedanken machte. In meiner naiven Zukunftsvorstellung aber etwas, das mit der Zeit automatisch „gut" werden würde. Hätte doch jeder Staat der irgendetwas auf sich selbst gibt Interesse daran, Menschen eine Menschenwürde zuzugestehen.

Dass Inklusion wenig später zu einem zentralen Lebensthema werden würde, war damals nicht abzusehen. Heute will ich nichts mehr, als ein Sein Mitten in der Gesellschaft für meinen Sohn: das heißt, eine faire Chance auf das Glück! Keine allzu exotischen Wünsche für eine Mutter. Was das aber an täglichem Kampf bedeutet, das kann sich ein Außenstehender schwer vorstellen. Eine der Dauerkampfzonen: das Bildungssystem.

Dass zuständigen Stellen (konkret dem Bildungsministerium) nicht gerade mit Praxisbezug glänzen, ist ein alter Hut. Mir ist klar, dass andere Ebenen andere Aufgaben haben: Eine Aufgabe wäre zum Beispiel dafür zu sorgen, dass die UN-BRK endlich ernst genommen und UMGESETZT wird. Dafür kämpfen viele schon lange (Siehe Beitrag >>> ).
Die Nichtumsetztung kritisieren viele Institutionen und Studien mindestens gleich lange (Siehe Monitoringausschuss >>> ).
Von Nichts zu wissen, gilt also nicht als Ausrede.

In Österreich gibt es dafür besagten NAP, seit 2012. Da bis 2020 nicht viel geschehen ist, startet „NAP 2.0" jetzt neu durch. Wie? Logisch! Wieder von Null weg... zurück an den Start...

Noch Fragen?
Ja. Viele. Zum Beispiel: Was heißt das? Keine Sorge, wird irgendwann in leichter Sprache nachgereicht, meint die Homepage des Bildungsministeriums. Nachgereicht für Nachgereihte. Über uns statt mit uns. Ein alter Hut.

Inklusive Bildung und Sozialpädagogik: Strategie- und Positionspapier des Consulting Board

Wenn man das Strategiepapier so durchliest gewinnt man den Eindruck, der Autor sei eine Künstlichen Intelligenz, dafür programmiert Schlagworte zu inhaltsleeren Endlossätzen zu verketten. Wer bislang übrigens der Meinung war, ein Strategiepapier hätte die Aufgabe, Strategien und Ziele zu beschreiben, der wird während der Lektüre ratlos schulterzucken: Die großen Themen der schulischen Inklusion werden bestenfalls vage umrissen.

Naja: Zumindest eine Sache ist klar ausgeführt: Die Weiterentwicklung(und nicht die Abschaffung) der Sonderschule, ist dem BM ein zentrales Anliegen. Dass damit die grundlegendste und zentralste Forderung zur Umsetzung der UN-BRK von Grund auf negiert wird, fällt in dem Satz-Wirr-Warr gar nicht auf. Glaubt das Ministerium anscheinend.

Meinem Sohn fällt es am Übergang zur Sek 1 auf. Betroffenen in Sonderschulen fällt es auf. Ressourcenmäßig unterversorgten Kindergärten, Volksschulen, Mittelschulen und PTSen fällt es auf. Der internationalen Staatengemeinschaft wird es auffallen. Und auch den internationalen Akademikerkollegen des Herrn BM Faßmann wird es auffallen.

Dem Akademiker dürfte bekannt sein, dass es kein richtiges Leben im falschen gibt. Als besorgte Mutter sei ihm gesagt: Es gibt auch keine richtige Inklusion in einem System das auf Sonderpädagogik baut. Österreich wird im Vergleich der Bildungssysteme weiterhin durchfallen. Das wird dann dem Bildungsminister auch auffallen. Spätestens bei der nächsten Staatenprüfung....

Wenn 2030 der aktuelle NAP ausläuft, hatte mein Sohn gerade seinen 19ten Geburtstag. Aus der Zuständigkeit des Bildungsministeriums ist er gerade entwachsen. Es wird sich zeigen, was der Prozess bis dahin für einen OUTPUT generieren konnte, oder ob am Ende mein Sohn outgeputtet wurde. Herausgefallen, Pech gehabt. Es wird sich zeigen, ob aus barrierehaften Sätzen eine gemeinsamere Gesellschaft wurde. Es bleibt zu hoffen.

 

 

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